Werbung mit Klimaneutralität
Das BGH-Urteil folgt den Entscheidungen des Landgerichts Kleve (Urteil vom 22.06.2022, 8 O 44/21) sowie des OLG Düsseldorf (Urteil vom 06.07.2023, I-20 U 152/22) nicht.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Anforderungen an eine Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“ klar verschärft. Eine bekannte Herstellerin von Fruchtgummis und Lakritz hatte mit dem Begriff „Klimaneutral“ auf ihren Produkten geworben, wobei auf eine Webseite für weiterführende Hinweise wie folgt hingewiesen wurde:

Das OLG Düsseldorf hielt es für ausreichend, dass die Klimaneutralität durch Kompensation von CO2-Emissionen erreicht wird und der Verbraucher durch Abruf der angegebenen Webseite weitere Informationen über die Erreichung der Klimaneutralität erhalten kann.
Für die Vorinstanzen genügen für Klimaneutralität Kompensationsmaßnahmen
Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen – klimaneutral sei nicht emissionsfrei und könne auch durch Kompensationsmaßnahmen erreicht werden. Das OLG folgte dem Landgericht; die Verbraucher verstehen „klimaneutral“ als eine ausgeglichene CO₂–Emissionen-Bilanz des Unternehmens, die durch den Herstellungsprozess wie auch durch Kompensationsmaßnahmen erreicht werden kann. Waren und Dienstleistungen werden heutzutage als klimaneutral beworben, wie Flugreisen bei welchen nur Kompensationszahlungen zur Klimaneutralität verhelfen können. Damit liege keine Irreführung nach § 5 Abs. 1 UWG vor.
Besondere rechtliche Anforderungen bei Umweltschutzbegriffen
Nach der Rechtsprechung des BGH gelten die für gesundheitsbezogene Werbung maßgeblichen strengen Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage regelmäßig auch für die Werbung mit Umweltschutzbegriffen und -zeichen. Bei umweltbezogener und gesundheitsbezogener Werbung sei die Irreführungsgefahr besonders groß.
Vorrang der Reduktion vor der Kompensation von CO₂-Emissionen
Der Begriff „klimaneutral“ ist mehrdeutig, weil er zum einen als Vermeidung von CO₂–Emissionen und zum anderen im Sinne einer ausgeglichenen Bilanz der CO₂-Emissionen des Unternehmens verstanden werden kann. Eine Erläuterung ist deshalb zur Aufklärung erforderlich, weil die Reduktion und die Kompensation von CO₂–Emissionen keine gleichwertigen Maßnahmen zur Herstellung von Klimaneutralität sind.
Aufgrund der besonderen rechtlichen Anforderungen an Werbung mit Umweltaussagen genügt eine Aufklärung der Verbraucher außerhalb der Werbung nicht. Aufklärende Hinweise müssen grundsätzlich in der Werbung selbst erfolgen.
Auf den Punkt
Der BGH hat die Anforderungen für Werbung mit Umweltaussagen klar konkretisiert. Unternehmen sollten sich bereits jetzt an den Anforderungen der EmpCo–Richtlinie orientieren.
Quelle: Urteil des I. Zivilsenats vom 27.6.2024 – I ZR 98/23 – (bundesgerichtshof.de)